Schonmal von Leaf Peeping gehört? Wenn die Blätter bunt werden, dann zieht es die Briten raus in die Natur, Parks und Botanischen Gärten. Wo die Blätter in Großbritannien besonders bunt leuchten und was sich hinter Leaf Peeping verbirgt: der (stetig zu erweiternde) Leaf Peeping Guide für Großbritannien.

Der Fall-Foliage-Hype in Südkorea

Meine Freundin, die für einige Jahre nach Südkoreaner ausgewandert war, erzählte mir zum ersten Mal von einem Phänomen, das jährlich im September und Oktober ihre neuen Landleute in helle Aufregung versetzte. „Fall Foliage“ heißt das Ereignis, das eigentlich ein ganz natürliches ist, in Korea aber, wie so viele andere Dinge auch, zu einem großen Event gemacht werden. Wenn sich die Blätter an den Bäumen sich leuchtend bunt färben und nach und nach sanft herunter segeln, dann ist das für viele Koreaner ein Schauspiel, für das sie zu den schönsten Orten reisen. Die leuchtenden Herbstfarben seien gut für die Seele, ähnlich wie das aus Japan bekannte Shirin-Joku, das Waldbaden.

Was tun die Koreaner nun, wenn die Blätter von den Bäumen fallen? Sie wandern durch Wälder und Alleen, sie schauen sich verzückt das Naturspektakel an, und, na klar, sie machen jede Menge Fotos. Besonders beliebt ist „Fall Foliage“ bei frisch Verliebten oder für erste Dates, doch der Faszination für das bunte Herbstlaub kann sich in Korea so gut wie keiner entziehen. In den USA ist Fall Foliage übrigens auch beliebt, auch wenn ich den Ausdruck während meines Au-Pair-Aufenthaltes dort nie gehört hatte…vielleicht gab es damals den Hype einfach noch nicht. In Connecticut, wo ich damals gelebt habe, war der „Indian Summer“ das Schlagwort, das uns zu Roadtrips durch die bunten Herbstwälder animierte.

leaf peeping glasgow

Leaf Peeping: Fall Foliage in Großbritannien

Und was hat das nun alles mit Großbritannien zu tun? Ganz einfach: Fall Foliage ist auch im Vereinigten Königreich ein Phänome, nur dass es dort (wie auch manchmal in den USA) „Leaf peeping“ genannt wird. Aber aufpassen: das mittlere „p“ ist in diesem Zusammenhang sehr wichtig. Lässt du es aus, dann ist damit eine gänzlich andere, weitaus weniger ansehnliche Sache gemeint.

Zum ersten Mal ist mir der Ausdruck des „Leaf peeping“, also „Blätterguckens“ bei einer Schottland-Reise begegnet. Meine Gastgeberin in den Scottish Borders fragte mich, ob ich Lust auf etwas „Leaf peeping“ habe, sie wüsste da ein paar gute Stellen. Also haben wir den Cocker Spaniel eingepackt und sind los in die Wälder, die um diese Zeit im Oktober wirklich in den wunderschönsten Abstufungen von rot, orange und rostfarben leuchteten.

Damals nahm ich an, dass das „Leaf peeping“ eine Wortkreation meiner Gastgeberin war, doch mittlerweile stoße ich immer öfter darauf. Bestimmte Regionen in Großbritannien werben damit, dass die Gegend ideal zum „Leaf peeping“ sei, Reiseveranstalter werben mit „Leaf-peeping-Touren“. Als ich unlängst die Website eines kleinen Boutique-Hotels in Wales, in dem ich bald übernachten werde, angeschaut habe, ist mir gleich ein „Leaf-peeping-Package“ ins Auge gesprungen: „Direkt vor unserer Tür gibt es viele fabelhafte Spots für „Leaf-Peeping“ und bei unserem Package dreht sich alles um dieses herbstliche Spektakel.“

Das Schöne in Großbritannien ist für mich das typisch britische Understatement. Denn, obwohl Leaf Peeping hier immer populärer wird, hat es rein gar nichts mit den Ausmaßen, die in Korea oder Japan herrschen gemein. In Großbritannien muss nicht gleich alles zu einem großen Event gemacht werden – und auch an sehr beliebten Orten kannst du im Herbst immer noch in Ruhe den Wald und die Bäume genießen.

leaf peeping schottland

Warum verändern Blätter ihre Farbe?

Wenn du in der Schule gut in Biologie aufgepasst hast, dann kannst du diese Frage wohl im Schlaf beantworten. Ich habe es damals nicht, und deshalb musste ich nachlesen. Die stark vereinfachte Version: Die Blätter stellen Zucker aus Kohlendioxid her, das Ganze nennt man Photosynthese, dessen Abfallprodukt Sauerstoff ist, den der Zucker frei gibt. Stärke und Zucker können aber eben nur dann gebildet werden, wenn genügend Sonnenlicht und Blattgrün gegeben sind. Deshalb bereiten sich die Bäume im Herbst auf die lichtarme Zeit im Winter vor und stellt die Produktion von Chlorophyll ein. Ein Nebeneffekt dieser Vorsorgemaßnahme? Andere, zuvor weniger sichtbare Pigmente, treten in den Vordergrund: die Blätter werden gelb, rot oder orange. Wenn es zum Herbstanfang besonders sonnig und trocken sowie in den Nächten kühl ist, dann steigt die Konzentration von Zucker in den Blättern – besonders leuchtende Herbstfarben sind das Ergebnis.

Welche Bäume werden im Herbst am buntesten?

In den USA sind es vor allem bestimmte Ahornbäume, wie zum Beispiel der Rot-Ahorn („red maple“) die besonders schön in Herbstfarben leuchten. Aber auch andere Ahornarten, die man auch in Großbritannien findet, werden im Herbst sehr bunt. Ein anderer Baum, der sich besonders schön zum „Leaf-Peeping“ eigenen ist der amerikanische Amber, auch „Sweet Gum“ genannt. Er ist in Großbritannien sehr oft anzutreffen, vor allem natürlich in Parks und Gärten, denn seine natürliche Verbreitung ist zwar nur in Nordamerika, in Europa wird er jedoch seit dem späten 17. Jahrhundert angepflanzt. Ebenfalls sehr schön leuchten im Herbst die Eberesche, die amerikanische Weiß-Eiche, die Gewöhnliche Rosskastanie und die Rotbuche, die alle in Großbritannien anzufinden sind.

Wann ist die beste Zeit für Leaf Peeping in Großbritannien?

Am frühesten verfärbt sich das Herbstlaub in Schottland, hier kannst du bereits ab Mitte-September buntes Herbstlauf bewundern, ein wenig später geht es dann in England, Wales und Nordirland los. Je nach Wetterlage zieht sich die Leaf-Peeping-Saison bis Mitte November hin. Auch hier macht sich übrigens der Klimawandel bemerkbar: es wird festgestellt, dass der biologische Herbst immer später beginnt und insgesamt länger dauert.

melrose abbey herbst

Die 7 besten Spots für Leaf Peeping in Großritannien

In Großbritannien hast du sehr viele Möglichkeiten zum „Leaf Peeping“ – schließlich gibt es hier über eine Milliarde Bäume und viele davon verfärben sich wunderschön im Herbst. Eine sehr gute Übersicht bietet der Woodland Trust, der hier eine Liste mit den schönsten Orten für bunte Herbstfarben zusammengestellt hat.

Ich stelle dir meine Lieblingsorte in Großbritannien für Leaf Peeping vor und freue mich wiederum auf deine Tipps und Hinweise! Besonders spektakulär ist das Leaf-Peeping bei Bäumen, die nicht ursprünglich in Großbritannien heimisch sind und in Parks und Gärten angepflanzt werden. Aber auch klassisch britische Bäume leuchten im Herbst wunderschön.

1. Leaf Peeping im Wye Valley

Der Wye Fluss ist an sich schon sehr pittoresk, im Herbst wird die Gegend noch einen Tick spektakulärer. Der Wye River zieht sich über 215 Kilometer entlang der Grenze zwischen England und Wales, von seinem Ursprung in den Cambrian Mountains bis hin zur Mündung nahe Monmouth im Südosten von Wales. Das Wye-Valley ist berühmt für seine bunten Bäume im Herbst, mit dem kleinen Ort St. Briavels im englischen Gloucestershire als Zentrum des Geschehens. hier spiegelt sich malerisch der herbstliche Forest of Dean im Wasser des Wye River.

2. Leaf Peeping im National Arboretum Westonbirt

Tausende von Besuchern zieht das Arboretum in Westonbirt in Gloucestershire jedes Jahr im Herbst magisch an – kein Wunder, schließlich ist es einer der schönsten Orte für Leaf Peeping in Großbritannien. Über 18.000 Baumarten zeigen sich hier in den allerschönsten Herbstfarben, darunter viele Ahornbäume, die in Japan und Korea zu wahren Fall-Foliage-Pilgerfahrten führen.

3. Leaf Peeping in Scottish Borders

Die Scottish Borders haben mich im Herbst verzaubert: auf vielen Waldspaziergängen konnte ich die bunte Blätterpracht bewundern. Besonders schön ist die Gegend rund um Melrose – neben der weltberühmten Ruine der Melrose Abbey gibt es sogar einen kleinen Apfelgarten mit vielen bunten Bäumen und Büschen. Noch etwas eindrucksvoller als die einheimischen Obstbäume leuchten die Bäume in den Parks und Botanischen Gärten in Scottish Borders, allen voran im Dawyck Botanic Garden mit seiner Sammlung alter, britischer Bäume die bis in das Jahr 1680 zurückdatieren.

4. Leaf Peeping im Botanischen Garten Glasgow

Man muss nicht zwingend raus aufs Land, um die Herbstfarben in ihrer vollen Pracht zu erleben. Jedes Mal wenn ich in Glasgow bin, schaue ich in den Glasgow Botanic Gardens vorbei. Der ideale Ort für einen Herbstspaziergang gefolgt von einem Afternoon Tea im dort ansässigen Tea Room. Wunderschön sieht es hier im Herbst aus, wenn die bunten Bäume die Gewächshäuser einrahmen. Ein Spaziergang entlang des River Kelvin führt dich an den angrenzenden Kelvingrove Park, wo die Bäume besonders schön im im sonnigen Herbstlicht  leuchten. (ja, Sonne gibt es in Schottland im Oktober, ich kann es beweisen!).

Neben Glasgow ist der Royal Botanic Garden Edinburgh ein idealer Spot zum Leaf Peeping. Hier finden von Ende September bis Anfang Dezember verschiedene Events zum Scottish Tree Festival statt, wie zum Beispiel geführte Baumspaziergänge und Pilztouren.

5. Leaf Peeping im Lake District

Ich persönlich liebe ja den Peak District über alles, aber ich muss zugeben, dass der Lake District noch etwas besser zum Leaf Peeping geeignet ist. Während der Peak District mit dem Hochoor im Herbst seinen ganz eigenen Reiz hat, bezaubert der Lake District mit rote, orangefarbenen und gelben Blättern an den Bäumen, die malerisch über Seen schauen. Besonders prächtig leuchten die Farben rund um Englands längsten See, den Lake Windermere. Der Clou: hier kannst du sogar Leaf Peeping vom Wasser aus machen, wenn du die Fähre nach Ambleside nimmst.

Zwischen Windermere und dem See Conistan Water liegt der Grizedale Forest, ein 24 Quadratkilometer großer Wald, der berühmt für seine Wanderwege und atemberaubende Aussichten ist – gerade im September und Oktober gibt es hier besonders bunte Farben zu sehen.

Eine besonders goldene Herbststimmung herrscht auch am Derwent Water, Englands viertrößtem See, wenn sich die Blätter der Birken und Eichen verfärben. Hier kannst du sowohl gemütliche Spaziergänge um den See oder etwas anspruchsvollere Wanderungen auf die Berge des Lake District unternehmen.

6. Leaf Peeping im New Forest National Park

Der New Forest ist eins der größten Waldgebiete in England und befindet sich im Süden des Landes, hauptsächlich in Südwest Hampshire (sowie in Teilen von Dorset und Süd-Wiltshire). Gerade mal zwei Autostunden von London entfernt ist hier der ideale Ort, um wirklich runterzukommen und Natur in ihrer ganzen Schönheit zu genießen. Im Herbst kannst du hier in der abwechslungsreichen Landschaft zwischen Wald, Heide und Weideland wandern und wirst dabei schier erschlagen vom Farbenreichtum. Nach dem berühmtesten Baum einer großen, über 500 Jahre alte Eiche, ist ein kleiner Rundwanderweg im New Forest benannt: der Knightwood Oak Trail. Die englische Eiche hat derzeit einen Umfang von ungefähr 7,40 Metern und ist noch längst nicht ausgewachsen – die absolute Königin im New Forest.

7. Leaf Peeping im Richmond Park in London

In London gibt es einige Orte, an denen die Bäume im Herbst pittoresk ihre bunten Blätter fallen lassen (bevor sie sich dann auf den Straßen in eine matschige braune Masse verwandeln, aber das ist in Berlin kaum anders). Ein perfekter Ort für Leaf Peeping in London ist der Richmond Park. Der größte der königlichen Parks in London misst über zehn Quadratkilometer und befindet sich im Südwesten der Stadt. Wenn man sich im weitläufigen Richmond Park befindet mag man kaum glauben, dass man sich inmitten der Hauptstadt Großbritanniens befindet.

Im Park gibt es mehrere Routen bzw. Trails, die du entlang spazieren, walken oder joggen kannst. Die Strecke, die einmal rund um den Park herum führt, ist in flotten zwei Stunden Spaziergang zu schaffen, du solltest dir aber ruhig etwas mehr Zeit lassen. Der Richmond Park ist sowohl im goldenen Sonnenlicht als auch im mystischen Herbstnebel meine absolute Empfehlung für Leaf Peeping in London: jahrhundertealte Eichen, etliche Pilzarten und als Highlight die über 600 frei laufenden Hirsche und Rehe.

Leaf Peeping in Großbritannien – weitere Herbstreiseziele

Das waren meine 7 Tipps für Leaf Peeping in Großbritannien. Natürlich musste ich hier Mut zur Lücke beweisen – es gibt garantiert noch viel mehr Orte, an denen das Herbstlaub in Großbritannien besonders prächtig leuchtet. Ich denke da an Yorkshire, an die Cotswolds, an die Highlands und und und….Deshalb bin ich sehr auf deine Tipps gespannt!

PS: Kennst du schon meine Schottland Reiseziele für den Herbst?