Schonmal in Bishop’s Stortfordgewesen? Die kleine Stadt in Hertfordshire liegt sehr nahe am Stansted Airport und ist der ideale Zwischenhalt auf der Fahrt nach London zum Flughafen. Und zu tun gibt’s da auch einiges! Mein Tipp für einen sehr entspannten Boxenstopp auf dem Weg von London nach Stansted.

Von London zum Stansted Flughafen

Wenn man von London zum Stansted Airport Muss, hat man diverse Optionen. Die bequemste ist sicherlich der Stansted Express, ein Schnellzug, der dich von London Liverpool Street direkt an den Flughafen bringt. Etwas günstiger ist die Variante mit dem normalen Zug und am billigsten kommst du mit dem Bus „National Express“ von Londons Zentrum zum Flughafen Stansted.

Gesucht: eine kleine Stadt zwischen London und dem Flughafen Stansted

Und dann gibt es ja auch noch die Möglichkeit, nicht direkt von London zum Flughafen zu rauschen, sondern sich etwas Zeit zu lassen. Genau danach stand mir der Sinn, als ich am letzten Tag meines London Trips noch viele Stunden bis zum Abflug ab Stansted hatte. Ich hatte mir die leztte Maschine ausgesucht, die erst kurz nach sieben abends von London nach Berlin Schönefeld fliegt.

Nach drei Tagen London voller Programm und sogar einem 10-Kilometer-Lauf war mir nach Ruhe. Ich hatte Lust auf ein kleines Städtchen, das ganz nett ist, bei dem es aber nicht so viel zu sehen gibt, dass ich schon wieder in Freizeitstress komme. Es sollte gut von Londons Zentrum aus zu erreichen sein und noch wichtiger: von dort aus wollte ich unkompliziert nach Stansted kommen.

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Im Corn Exchange Building wurde ehemals Mais gehandelt, heute kann man dort schön essen

Von Londons Liverpool Street Station ab nach Hertfordshire

Die Wahl fiel auf eine mittelgroße Stadt in Hertfordshire mit dem klingenden Namen Bishop’s Stortford, ungefähr 50 Kilometer von London entfernt und in der Nähe des Stansted Airport gelegen. Von der Liverpool Street Station im Zentrum Londons fährt ein Zug nach Bishop’s Stortford, die Fahrt dauert ungefähr eine dreiviertel Stunde. Hätte ich etwas mehr Zeit gehabt, wäre ich mit dem selben Zug noch ein Weilchen weitergefahren bis nach Cambridge, das ich endlich mal besuchen will. Aber mit meinen paar Stunden bis zum Flug kam mir Bishop’s Stortford gerade recht.

Bishop’s Stortford in Hertfordshire

In Bishop’s Stortford wohnen rund 35.000 Menschen, es ist eine typische englische „Market Town“, in der immer Dienstags und Samstags Markttag ist. Entlang der High Street reihen sich die bekannten Café und Bekleidungsketten aneinander, glücklicherweise gibt es hier aber noch eine gute Anzahl an inhabergeführten Läden und Restaurants. Aufgrund seiner Lage ist Bishop’s Stortford eine Stadt für Pendler, das war übrigens schon früher so: die Stadt war ein häufig frequentierter Haltepunkt der Postkutsche zwischen London und Cambridge.

Was tun in Bishop’s Stortford?

In Bishop’s Stortford kannst du ein paar Stunden, einen halben oder auch einen ganzen Tag gut rumbringen, ohne dass dir dabei langweilig werden muss. Essen, Shoppen, was über britische Geschichte lernen: kannste hier alles machen.

Rosey Lea Tea Room in Bishop's Stortford

Wie aus einer anderen Zeit: der Rosey Lea Tea Room in Bishop’s Stortford

Nostalgisch werden und Tee trinken im Rosey Lea Tea Room

Mein erster Anhaltspunkt war, wie sollte es auch anders sein, der örtliche Tea Room. Bereits von außen sah das Rosey Lea Café & Tea Rooms mit seiner sonnendurchfluteten Terrasse  sehr einladend aus – ja ja, dieses englische Wetter mal wieder, unverschämter blauer Himmel! Weil ich an dem Tag schon genug Sonne abbekommen hatte (ich bin mir sicher, ich habe keltische Gene) habe ich mich dafür entschieden, drinnen zu sitzen. Und ich habe es nicht bereut: das Interieur von Rosy Lea ist ein rosafarbener Blümchentraum.

Ich hätte große Lust gehabt, den Afternoon Tea auszuprobieren, habe mich dann aber doch für ein etwas weniger reichhaltiges Gereicht entschieden: ein Sandwich mit Stilton Käse, dazu eine Tasse Früchtetee. Das Sandwich, der Tee, die Blümchen und die Musik von Beatles über Journey bis hin zum halben Dirty-Dancing-Soundtrack: wie soll man da nicht nostalgisch werden, sofort aus Land ziehen und nur noch Apple Pie backen wollen?

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Sandwich und Tee im Rosey Lea Café & Tearooms

Schnäppchen jagen in den Charity Shops

In Bishop’s Stortford gibt es, wie in vielen englischen Städten, Charity Shops, die zum kleinen Preis Second-Hand-Schnäppchen verkaufen, von Kleidern über Geschirr und Bücher bis hin zu Möbeln. Ich kann so gut wie nie an einem dieser Shops vorbeigehen und diesmal hatte ich sogar Glück und habe einen Servierteller erstanden, auf dem ich demnächst stilecht meine Scones präsentieren werde.

Die älteste Schneiderei Englands

2013 ging in Bishop’s Stortford eine Ära zu Ende. In jenem Jahr schloss Tissimans Mens Wear seine Pforten, eine Maßschneiderei, die dort auf der High Street seit 400 Jahren ansässig war. Statt dass eine Bank sich in dem viktorianischen Gebäude einrichtete, wie das sonst so oft der Fall ist, ist dort mit einer Filiale der Londoner „Alexandra Wood Tailors“ erneut eine Schneiderei eingezogen, die die Tradition fortführt und dem alten Handwerk einen modernen Twist gibt. Und mal so ebenbei, weil ich euch doch kenne: das Fachwerkhaus ist ohne das „most instagramable“ Gebäude in Bishop’s Stortford!

Britische Kolonialgeschichte im Bishop’s Stortford Museum

Achtung, aufpassen, jetzt gibt’s Wer-wird-Millionär-Wissen! Bishop’s Stortford hat einen sehr berühmten Sohn namens Cecil Rhodes. Der gründete ein nach ihm benanntes Land…na, klingelt’s? Der Unternehmer und Politiker erwarb im Süden Afrikas Kolonien und taufte sie Nordrhodesien und Südrhodesien, daraus entstand schließlich der Staat Rhodesien, der als solcher aber nie anerkannt wurde. Heute ist das Gebiet Südrhodesiens als Simbabwe bekannt und Nordrhodesien ist seit 1964 unabhängig unter dem Namen Sambia.

Rhodes ist aber nicht nur für eine Staats-, sondern ebenso für eine Unternehmensgründung bekannt: Der Diamantenkonzern wurde von ihm und zwei Gefährten im Jahr 1880 aus der Taufe gehoben.

Mit solch einer Geschichte bleibt man natürlich nicht unumstritten, und die Rhodes-Statue, die an der Universität Kapstadt aufgestellt war, wurde 2015 aufgrund der #RhodesMustFall entfernt. Zudem ranken sich um seine Person viele Verschwörungstheorien, da er als Gründer einer geheimen, elitären Gesellschaft gilt, die bis heute Einfluss bis in höchste amerikanische Regierungskreise geltend haben soll.

Im Rhodes Art Komplex, der das Museum beherbergt, lernst du zudem alles über die Vergangenheit des Städtchens, das sich vor eins durch seine Mälzereien und das Bierbrauen einen Namen gemacht hat.

Der hippste Ort in Bishop’s Stortford

Das hätte ich in einer Stadt wie Bishop’s Stortford tatsächlich nicht erwartet: eat 17 ist eine Mischung aus Unverpackt-Store, Bioladen & Street Food Markt. Hier kannst du Gesundes und Leckeres einkaufen und auch sehr gut essen, wie zum Beispiel Hot Dogs, japanisches Katsu oder Pizza aus dem Steinofen. Darüberhinaus ist der Name des Ladens genial (für die Jüngeren unter euch: benannt nach der Postleitzahl des Londoner Bezirk Walthamstow, wo das Muttergeschäft einst gegründet wurde – East 17. Aus der selben Gegend stammte auch die legendäre Boygroup East 17, die Take That einst das Fürchten lehrte).

PS: Mehr Wissen über britische Bands und ihre Namen gibt’s in meinem Artikel „10 Bands, die sich nach Orgen in Großbritannien benannt haben“.

Mit dem Bus noch Bishop’s Stortford zum Flughafen Stansted

Und wie kommt man nun von Bishop’s Stortford dann zum Flughafen Stansted? Ganz einfach mit dem Bus! Dabei handelt es sich um einenen ganz normalen Linienbus, der vom Stadtzentrum und von diversen anderen Haltestellen aus zum Flughafen fährt. Eine Haltestelle zum Beispiel ist direkt gegenüber vom Bishop’s Stortford Museum.

Die Fahrt zum Stansted Airport kostet gerade Mal 3,50 britische Pfund und dauert eine knappe halbe Stunde. Der Bus fähr alle paar Minuten und es gibt sogar WIFI! Wenn du Slow Travel magst, ist das genau das richtige für dich: du bekommst noch etwas von der Gegend und seinen Bewohnern mit, siehst Schulkinder auf dem Nachhauseweg oder Flugbegleiter auf dem Weg zur Schicht.

Slow Travel in England

Okay, „Slow Travel“ kann man das nicht wirklich nennen, schließlich geht es zum Flughafen und nicht zum Eurostar. Nach England mit dem Zug zu fahren ist sowieso die deutlich bessere Alternative, da brauchen wir ja gar nicht zu diskutieren. Falls du aber doch mal von London Stansted aus nach Deutschland zurückfliegst, überleg doch mal, ob du nicht einen Zwischenstopp in einer typischen englischen Market Town einlegen willst – und falls ich dich für Bishop’s Stortford begeistern konnte, dann grüß doch mal die netten Leute im Tea Room von mir!