Eine Burns Night mit Burns Supper, Whisky-Speed-Tasting, Einlass in spektakuläre Gebäude, ganz viel Musik, Tanz und natürlich: Haggis.
Ein Traum wird wahr: eine Burns Night in Schottland
2019 ist ein Traum wahr geworden, den ich seit Jahren auf meiner Schottland Bucket List stehen habe: einmal eine Burns Night in Edinburgh zu verbringen. Falls du nicht weiß, was eine Burns Night ist: die Burns Night ist so etwas wie der inoffizielle schottische Nationalfeiertag, zu Ehren des schottischen Dichters Robert Burns. Sie wird jährlich am 25. Januar gefeiert, dem Geburtstag des Poeten. Im Mittelpunkt steht die schottische Nationalspeise Haggis, die mit viel Brimborium zum Burns Supper serviert wird.
Wenn du genau wissen willst, was alles zu einem echten Burns Supper gehört, dann lies meinen Blogpost Burns Supper – hier dreht sich alles um den Haggis.
Während ich die Burns Night im letzten Jahr in Berlin verbrachte – immerhin gibt es auch in Deutschland einige Veranstaltungen zur Burns Night – wollte ich die Burns Night 2019 im Mutterland des Haggis verbringen. Die Wahl fiel dabei aus mehreren Gründen auf Edinburgh: günstig von Berlin zu erreichen, eine Vielzahl an verschiedenen Events und natürlich Edinburgh selbst, die wahrscheinlich schönste Stadt der Welt.
Ich berichte euch von meinem ersten echten Burns Supper, warum die Burns Night in Edinburgh eigentlich eher eine Burns Week ist und wie es ist, eine Burns Night alleine in Edinburgh zu verbringen. Kleiner Spoiler vorneweg: an den Katzentisch wurde ich schonmal nicht gesetzt, den gab es nämlich gar nicht.
Burns Supper im Ghillie Dhu
Das Ghillie Dhu liegt mitten in Edinburghs Zentrum nur wenige Meter von der Princes Street entfernt. Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein gemütliches, aber nicht besonders außergewöhnliches Pub: ein Holztresen, ein paar Stehtische und kleine Sitzecken für zwei bis vier Personen. Als ich am Donnerstagabend das Ghilli Dhu betrete, bin ich also erst einmal etwas verwirrt: hier soll also das legendäre Burns Supper stattfinden? Ich machte es den anderen Anwesenden nach und bestellte mir ein Pint an der Bar und stehe erst einmal etwas verloren rum. Mit Freuden nehme ich zur Kenntnis, dass doch gar nicht mal wenige Herren im Kilt zugegen sind.
Um Punkt 19 Uhr öffnet sich wie von Geisterhand eine Tür (na gut, ein weiterer Herr im Kilt hält sie auf) und wir werden über eine Treppe in den ersten Stock geleitet. Dort werden wir in einen weiteren Raum herein gelassen, und ich staune: diesen Anblick hätte ich nicht erwartet. Ein riesiger Ballsaal, mit schweren Lüstern an der Decke und ausladend gedeckten Tischen. Die anderen Gäste und ich werden mit einem „dram“ also einem kleinen Schluck Whisky empfangen und schon werde ich zu einem Tisch geleitet.
Neben mir sitzen an diesem Tisch noch sechs weitere Personen und wie du dir wahrscheinlich denken kannst, handelt es sich dabei um drei Pärchen. Naja, nicht ganz, denn zwei davon sind „nur“ befreundet, aber das weiß ich zu Beginn nicht und habe schon etwas Sorge, dass ich der „weirdo“ am Tisch bin, mit dem niemand reden kann. Diese Befürchtung wird mir in der nächsten Minute aber direkt genommen – hey, fast hätte ich vergessen dass ich in Schottland bin!
Vielleicht sind wir tatsächlich sowas wie der Außenseiter-Tisch, denn wir passen als Gruppe überhaupt nicht zusammen. Das ältere Paar, das ursprünglich aus Glasgow stammt, mittlerweile aber in England lebt. Das junge Pärchen, sie aus London und im goldenen Paillettenkleid, er aus Nottingham, mit Anzug, Fliege und sehr verliebt in seine Begleitung.
Und dann betritt Maisie aus Glasgow die Bildfläche: Mit blonden, hochtoupierten Haare und einem Petticoat mit Tartan-Muster, der die Blicke des halben Saals auf sich zieht. Falsche Wimpern, falsche Nägel, echtes Herz. Sie ist es, die mit ihrer großen Glasgow-Schnauze das Eis bricht und das nicht nur, weil sie alle anderen am Tisch ständig dazu anstiftet, nochmal etwas Hochprozentiges zu bestellen. Wir sieben zusammengewürfelten Personen unterhalten uns über alles mögliche, über Berlin, München, den West Highland Way, und natürlich über Haggis. Denn ein wenig Außenseiterin bin ich dann doch: ich habe die vegetarische Variante des Burns Supper bestellt.
Burns Supper in Edinburgh – das Menü
Es hatte mich eingangs tatsächlich sehr überrascht, dass es eine Veggie-Option beim Burns Supper gab. Ich hatte während meiner Schottlandreise vegetarischen Haggis kennengelernt und fand das eine super Sache. Wenn du allerdings kein Problem damit hast, Fleisch zu essen, dann solltest du auch vor Haggis keine Angst haben. Zugegeben, es klingt schon sehr gewöhnungsbedürftig, Innereien, die in einem Schafmagen gekocht wurden, zu essen. Doch all meine Freunde, die sich das schon einmal getraut haben, waren danach ziemlich begeistert.
Bei unserem Burns Supper gibt es den Haggis als Vorspeise. Meine Tischnachbarin findet das etwas schade, sie hatte sich, wie im letzten Jahr, den Haggis als Hauptgericht erhofft. Allerdings ist heute ein Tag vor der eigentlich Burns Night. Im Ghillie Dhu wird an zehn aufeinanderfolgenden Tagen das Burns Supper zelebriert, wir vermuten aber, dass es nur am eigentlichen Burns-Abend des 25. Januar den Haggis als Hauptspeise gibt.
Nichtsdestotrotz sind wir alle vom Haggis begeistert – mein vegetarischer Haggis besteht aus einer Art „Brät“ mit gerösteten Nüssen als Hauptbestandteil. Lecker! Als Hauptspeise gibt es schottisches Lamm für die anderen, Gemüsepastete für mich, dazu Gratin Dauphinois und in Honig karamellisiertes Wurzelgemüse.
Als Nachspeise bekommen wir das typisch schottische Sahne-Dessert Cranachan – serviert in einer Schale aus Schokolade und mit Shortbread-Crumble. Ich träume seitdem davon!
Und als wäre das nicht genug, kommt noch ein Käsebrett mit feinstem schottischen Käse, Crackern und Quittengelee.
Burns Supper in Edinburgh – das Unterhaltungsprogramm
Zu Beginn wird der Haggis „piped in“, das heißt mit Dudelsackbegleitung hereingeführt. Dann wird die Ode an den Haggis verlesen. Das passiert alles, während ich an der Bar stehe, und versuche, gleichzeitig mein Weinglas, das Handy und das Portemonnaie in den Händen zu halten.
Ode an den Haggis
Deshalb habe ich davon auch keine Fotos die nicht total verschwommen sind. Verstanden habe ich so gut wie nichts – praktisch, dass am Tisch das gesamte Gedicht von Robert Burns zum Nachlesen liegt. Das Drumherum, also das Zelebrieren des Haggis hatte ich mir etwas ausführlicher vorgestellt und bin fast ein wenig enttäuscht, dass es so schnell schon wieder vorbei ist.
Ceilidh Tanzen
Nach dem Essen beginnt das wahre Highlight des Abends: das Ceilidh-Tanzen. Ein Ceilidh ist im ursprünglichen Sinn ein geselliges Zusammentreffen, heute versteht man darunter vor allem eine Tanzveranstaltung. Die Ceilidh Tänze haben eine bestimmte Choreographie, die zu Beginn angesagt wird, sind aber nicht allzu kompliziert. Im Ghillie Dhu wird, wie fast überall sonst auch, zur Begleitung einer Live-Band Ceilidh getanzt. Mal zu traditionellen schottischen Volksweisen, mal zu Popsongs. Funktioniert alles sehr gut. Ich traue mich doch nicht so richtig, ich habe leider null Talent zum Tanzen, nichtmal zum Zumba bin ich zu gebrauchen. Zugucken macht aber auch Spaß!
Bis ein Uhr nachts wird so weitergetanzt, ich verabschiede mich von meiner Runde gegen 23 Uhr, satt und froh.
Burns Night in Edinburgh im Ghillie Du
jährlich Mitte bis Ende Januar, 4-Gänge-Menü & Unterhaltungsprogramm ca. 48 britische Pfund, Infos beizeiten auf der Website des Ghillie Dhu.
Burns & Beyond Culture Trail
In Edinburgh werden die Burns Night und sein Namensgeber auf vielfältige Weise gefeiert. Schottische Kultur in ihrer ganzen Bandbreite kannst du auf dem Burns & Beyond Culture Traill in Edinburgh erfahren. Dabei handelt es sich um einen Abend mit vielen verschiedenen Veranstaltungen, die du eine nach der anderen besuchen kannst. Quasi eine Art Burns-Hopping, bei der du die Events raussuchst, die dich am meisten interessieren. Oder du nimmst einfach alles mit – wie du den Abend gestaltest, ist ganz allein dir und deinen Vorlieben überlassen.
8 Orte, 4 Stunden, 1 Nacht
Zum Burns & Beyond Culture Trail meldet man sich im Internet an, zahlt 25 britische Pfund und wartet. Worauf? Auf die Email, die dir deine erste Location verrät. Eine gute Idee, schließlich sollen nicht alle Burns-Hopper an der selben Veranstaltung anstehen. Ich beginne mit einem Event in Edinburghs der „Freemasons’s Lodge“ und bin schon ziemlich aufgeregt. Zu Recht – in so eine Freimaurer-Loge kommt man ja nicht jeden Tag.
Nach etwas Warten im Regen (warum bin ich nach Edinburgh nochmal ohne Regenschirm gefahren?) werden wir hereingebeten und bekommen ein Bändchen ums Handgelenk. Der Empfang ist bombastisch – ein Ballsaal mit hohen Decken, Büsten berühmter Freimaurer und mittendrin ein Ensemble aus ungefähr 20 Musikern, die Musik nicht nur spielen, sondern leben. Ich kann es wirklich kaum in Worte fassen, aber das Ensemble haut mich mit seiner mitreißenden Performance um.
Ein Kurzbesuch auf der Isle of Eigg
Das eigentliche Thema der Veranstaltung der Freemasons Lodge ist die Isle of Eigg mit ihrem Howlin‘ Fling! Festival. Die Isle of Eigg ist eine der kleinen – und wahrscheinlich auch schönsten – Inseln der schottischen inneren Hebriden. Sie ist zudem Heimat des „Howlin’ Fling!“ Musikfestivals, das jedes Jahr im Juli stattfindet. Ein absoluter Geheimtipp, mit einem ganz besonderen Line-Up und einer ganz speziellen Atmosphäre. Weil die Insel gerade mal von 100 Personen bewohnt wird, hält man das Festival auch bewusst klein. Deshalb sind die Tickets für dieses Jahr schon längst ausverkauft und ich ärgere mich sehr, dass ich das nicht früher begriffen habe.
Hier scheint man alles richtig zu machen, take that, Fyre Festival! Der Musiker The Pictish Trail, der auch auf dem Festival auftritt, gibt an diesem Abend in der Freemasons Lodge ein paar seiner Songs zum Besten – und ist meine musikalische Neuentdeckung in diesem Jahr. Hör mal rein bei Pictish Trail, ist das nicht unfassbar schön? Extrem lustig ist der Typ übrigens auch, klar, Schotte halt.
Ich würde am liebsten ewig dort bleiben und tief eintauchen in das Isle-of-Eigg-Universum. Aber wir haben ja keine Zeit! Es wartet nämlich ein Whisky-Speed-Tasting auf mich und so ein Date kann ich natürlich umöglich warten lassen. Das Whiskytasting findet in der nächsten spekatulären Räumlichkeit statt: der Merchant Hall in Edinburgh.
Whisky Speed Tasting
Johnny Walker ist Sponsor de Burns & Beyond Culture Trail und deshalb sind alle zu verkosteten Scotch Whiskys hier selbstverständlich von Johnny Walker. Ich gebe zu, ich bin absolut keine Whisky-Kennerin und halte mich spirituosenmäßige eher an Queen Mum’s Gepflogenheiten.
Deshalb ist so ein Speed-Tasting genau das richtige für mich: Fakten ohne sich doof vorkommen zu müssen, eine Steigerung vom „Anfänger-Whisky“ zu erleseneren Tropfen und das alles unter der Moderation eines echten Gentleman. Macht Spaß und von Schluck zu Schluck natürlich noch ein bisschen mehr.
Nach dieser zweiten Station des Burns & Beyond Culture Trial ist für mich Schluss. Ich finde es zwar schade, die anderen Events zu verpassen. Schließlich hätte ich noch etliche Events mitmachen können, von Konzerten über Spoken Word bis hin zur Silent Disco.
Allerdings lasse ausnahmsweise mal der Vernunft die Oberhand. Ich habe seit heute Morgen Halsschmerzen und ich muss in wenigen Stunden schon wieder auf den Beinen sein. Ich habe mal wieder einen viel zu frühen Flug gebucht, ehrlich Mann, eigentlich bin ich zu alt für den Sch***. Auf dem Heimweg komme ich noch an einer Burns & Beyond Lichtinstallation vorbei und verspreche mir selbst ganz fest, dass ich im nächsten Jahr wieder mitmachen werde. Dann aber garantiert mit extra eingeplantem Ausschlafpuffer am Tag danach.
Infos: Burns & Beyond Culture Trail
50+ Veranstaltungen, 8 Orte, 4 Stunden, 1 Nacht
Weitere Veranstaltungen zur Burns Night in Edinburgh
Die Burns Night in Edinburgh ist gar nicht sooo ein Riesending wie ich dachte. Wie mir mein schottischer Tischnachbar im Ghillie Dhu erzählte, ist es auch erst wieder seit einigen Jahren en vogue, das Burns Dinner so richtig zu begehen. Natürlich sind die Supermärkte voll mit besonderen Ecken und Angeboten für das Burns Supper und es gibt auch das ein- oder andere Event. Auch Restaurants bieten Burns Dinner oder Specials zur Burns Night an.
Es ist aber längst nicht so, wie ich anfangs vermutete, dass in jedem beliebigen Pub die Burns Night gefeiert wird. Falls du also 2020 die Burns Night in Edinburgh erleben willst, dann solltest du schon ein wenig planen und dir bestimmte Burns Night Veranstaltungen heraussuchen.
Übrigens: Falls du Haggis auch mal in einer ganz anderen Variante probieren willst, dann empfehle ich dir die Cuckoo’s Bakery – dort gibt es Haggis zur Burns Night als Cupcake, garantiert ohne Innereien und ausschließlich süß!
Transparenz: Von „Burns & Beyond“ wurde ich zum „Burns & Beyond Culture Trail“ eingeladen, „Visit Scotland“ & das „Ghillie Dhu“ haben mir die kostenfreie Teilnahme am Burns Supper ermöglicht. Vielen Dank!